Wird Morbus Bechterew immer mehr zu einer Frauenkrankheit? Pascale Exer beschäftigt sich seit Jahren mit den Unterschieden der Axialen (Rücken-)Spondyloarthritis bei Männern und Frauen. Dabei erklärt sie, dass im Jahre 1940 das proportionale Verhältnis zwischen Männern und Frauen beim Bechterew auf etwa 10:1 geschätzt wurde. Heute geht man davon aus, dass Männer rund drei Mal mehr betroffen sind als Frauen. Noch ausgeglichener präsentiert sich das Verhältnis von Bechterew-Patientinnen und -Patienten, wenn man die Mitglieder der Schweizerischen Vereinigung Morbus Bechterew in Betracht zieht. So waren im Dezember 2014 46% der Aktivmitglieder weiblich und 54% männlich.
Mehr Frauen nicht-röntgenologisch betroffen
Wie ist diese Diskrepanz gegenüber früher zu erklären? PD Dr. med. Adrian Ciurea schreibt in einem kürzlich veröffentlichten Übersichtsartikel, dass dies mit den unterschiedlichen Krankheitsmerkmalen zusammenhängen könnte. Dies sieht auch Pascale Exer so. Während früher ein Bechterew auf dem Röntgenbild sichtbar sein musste, kann heute die Entzündung schon auf dem MRI erfasst werden. Auch unterscheiden heute die Wissenschaftler zwischen dem röntgenologisch sichtbaren Bechterew (73% Männer und 27% Frauen) und der nicht-röntgenologischen Spondyloarthritis (51% Frauen, 49% Männer). Ciurea bemerkt ferner, dass Frauen im Gebäralter häufig nicht an der Lendenwirbelsäule geröntgt wurden und es früher auch mehr Studien über Männer mit Rückenschmerzen gab. Dies wegen körperlich strengen Jobs. Es erstaunt auch wenig, dass die Diagnoseverzögerung bei den Frauen im Schnitt mit 6,1 Jahren grösser ist als bei den Männern (5,4 Jahre). Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass Bechterew-betroffene Männer häufiger Träger von HLA-B27 sind (84,6%) als Frauen (73,8%). Frauen spüren ihre ersten Symptome auch später (28,5 Jahre) als Männer (26,3 Jahre). Und während, so Pascale Exer, der Bechterew bei Männern häufiger im Kreuzbein-Darmbein-Gelenk beginnt, macht er sich bei Frauen vielfach zuerst am Nacken bemerkbar.