Herr Professor Hügle, wo stehen wir beim Thema «KI und Bechterew» heute?
In der Diagnosestellung ist die KI schon am weitesten fortgeschritten und fest angekommen. Sie kann zum Beispiel Röntgen- und MRI-Bilder relativ exakt daraufhin analysieren, ob eine Entzündung des Kreuzbein-Darmbein-Gelenks (Sakroiliitis) vorliegt. Die KI hilft Rheumatologen und Radiologen auch, indem sie anzeigt, wo sie genauer hinschauen sollten. Dadurch kann auch die Diagnoseverzögerung weiter verkürzt werden. Schwieriger ist es im Moment noch, Vorhersagen über den Krankheitsverlauf oder Aussagen zu den Therapien zu machen. Da spielen zu viele Faktoren wie Begleiterkrankungen, Nebenwirkungen oder Lebensstilfaktoren hinein. Deshalb reichen die Daten noch nicht für robuste KI-Modelle aus. Auch ist das Schmerzempfinden sehr subjektiv und anfällig für Störfaktoren. Hat eine betroffene Person mehrere schlaflose Nächte, sei es durch den Bechterew oder aus anderen Gründen, erhöht dies das Schmerzempfinden.
Wie sieht das Leben eines Bechterew-Patienten mithilfe von KI in Zukunft aus?
Neben der Automatisierung bzw. Qualitätskontrolle in der Bildgebung denke ich, dass die KI vor allem genutzt werden wird, um Trends anzuzeigen. Also zum Beispiel, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Patient in den nächsten zwei Monaten einen Schub erleiden wird. Dies wäre hilfreich für Betroffene, z.B. bei der Planung einer Reise, oder eben auch für Behandler, um gegebenenfalls die Behandlung anzupassen oder das Medikament zu wechseln.