Die Wirbelsäulenentzündung kann in eine Versteifung münden. Und der Morbus Bechterew kann mit Gelenkentzündungen einhergehen, die zu Arthrosen (z. B. der Hüftgelenke) führen können. Diese Krankheitsauswirkungen bedingen starke Beeinträchtigungen der körperlichen Funktion bis hin zur Invalidität. Bei gutem Trainingszustand sind die Auswirkungen dieser Funktionsstörungen viel geringer, weil sie besser kompensiert werden können.
Weniger Schmerzen
Vor allem im Ausdauerbereich wirkt körperliche Aktivität auf die Schmerzwahrnehmung: Schmerzen werden weniger stark wahrgenommen und der Bedarf an Schmerzmitteln nimmt ab.
Effekt auf die Psyche
Bewegung und Sport wirken auch auf die Psyche: Sie hellen die Stimmung auf und wirken antidepressiv. Dadurch steigen das Selbstwertgefühl und die Stresstoleranz.
Mehr Lebensqualität
Körperlich aktive Menschen leben länger. Und im Alter sind sie mobiler, autonomer und weniger pflegebedürftig als Menschen, die sich kaum bewegen.
Schutz vor Krankheiten
In den industrialisierten Ländern hat Bewegungsmangel eine ähnlich gesundheits-schädigende Bedeutung wie das Rauchen. Der Mangel an Bewegung ist der wichtigste veränderbare Risikofaktor für den Herzinfarkt, der häufigsten Todesursache in diesen Ländern. Bei einer Reihe von weit verbreiteten Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Zuckerkrankheit oder Osteoporose hat regelmässige körperliche Aktivität einen beträchtlichen Schutzeffekt. Dies gilt ebenso für Darm- und Brustkrebs.
Aktive Personen fühlen sich körperlich und psychisch gesünder, müssen weniger zum Arzt, seltener und weniger lang ins Spital. Sie fehlen weniger häufig bei der Arbeit. Es ist auch bekannt, dass Menschen, die regen freundschaftlichen Kontakt mit anderen Menschen pflegen, weniger krank sind. Bewegung und Sport fördern diese Kontakte – sei es in einer Bechterew-Therapiegruppe oder beim wöchentlichen Radfahren mit einem Freund.
Besseres Gesundheitsverhalten
Wer sich regelmässig bewegt, verhält sich auch in anderen Bereichen gesundheitsbewusster. Denn körperliche Aktivität kann einen gesundheitsfördernden Dominoeffekt auslösen: Körperlich aktive Personen rauchen weniger, haben weniger Übergewicht und ernähren sich gesünder.
Bessere Kompensation der Auswirkungen des Morbus Bechterew
Der Nutzen regelmässiger körperlicher Aktivität ist bei Bechterew-Betroffenen noch höher als bei gesunden Personen. Durch einen guten Trainingszustand können die Auswirkungen der Erkrankung und ihrer Schübe besser kompensiert werden. Beispielsweise behalten Personen mit versteiftem Brustkorb trotz der beeinträchtigten Atmung eine gute Leistungsfähigkeit, wenn sie regelmässig trainieren. Auch die Auswirkungen einer Arthrose werden oft erstaunlich gut kompensiert, wenn die Muskulatur um das beeinträchtigte Gelenk in gutem Trainingszustand ist.
Besser spät als nie
Jeder Schritt weg von der Inaktivität – und sei er noch so klein – ist wichtig und nützt der Gesundheit. Und es ist nie zu spät, den ersten Schritt zu tun: Auch ältere Betroffene können viel für ihre Gesundheit, ihre Leistungsfähigkeit und ihr Wohlbefinden tun, wenn sie regelmässige körperliche Aktivität in ihren Tagesablauf einbauen. Umgekehrt hat die Forschung deutlich gemacht, dass Bewegung und Sport kaum eine gesundheitliche Depotwirkung haben. Wer mit 30 Jahren Ausdauersportler war, hat mit 50 nichts mehr davon, falls er in der Zwischenzeit inaktiv geworden ist.
Schon minimale Aktivitäten bringen viel
Alltagsaktivitäten wie zügiges Gehen, Velofahren oder Gartenarbeiten haben den Vorteil, dass sie sich leicht in den Tagesablauf integrieren lassen. Als Freizeit- und Sportaktivitäten eignen sich besonders jene Bewegungsarten, die wenig Material und Übungsaufwand verlangen, ein tiefes Unfallrisiko haben und sich ein Leben lang betreiben lassen wie zum Beispiel Wandern, Nordic Walking, Velofahren, Schwimmen, Wassergymnastik oder Skilanglauf.
Welche Sportarten sind geeignet?
Gewisse Sportarten sind ziemlich universell geeignet. Hierzu gehören zum Beispiel Schwimmen und Skilanglauf. Günstig sind auch Aktivitäten, welche die Streckmuskulatur der Wirbelsäule aktivieren, z. B. Badminton oder Bogenschiessen. Kontaktsportarten sind aufgrund des hohen Verletzungsrisikos zu meiden. Auch High-Impact-Sportarten (z. B. Basketball, Handball) sind wegen der auf die Wirbelsäule und Gelenke einwirkenden Kraftspitzen eher ungeeignet.
Grundsätzlich können jedoch auch primär nicht empfehlenswerte Sportarten so angepasst werden, dass die günstigen Effekte überwiegen und das Risiko gering bleibt. Beispielsweise ist adaptiertes Volleyball bei Personen mit Morbus Bechterew sehr beliebt. Das Verletzungsrisiko wird erheblich reduziert, wenn Techniken wie Blocken oder Schmettern durch Sonderregelungen ausgeschlossen werden.
Am besten geeignet sind Sportarten, die Spass machen und die Beschwerden nicht verstärken. Beinahe alle Sportarten lassen sich durch Sonderregeln so adaptieren, dass die positiven Effekte für die betroffenen Personen überwiegen.
Sportunfälle und -verletzungen
Unfälle und Verletzungen sind recht häufig, doch meist haben sie keine schweren Folgen. Sie treten vor allem dann auf, wenn risikoreiche Sportarten ausgeübt werden und die Sporttreibenden schlecht vorbereitet, unvorsichtig oder übereifrig sind.
Ein besonderes Problem stellt die Versteifung der Wirbelsäule dar. Betroffene Personen haben ein erhöhtes Sturzrisiko und bei einem Sturz oder anderen Unfällen ist das Risiko für Brüche der versteiften Wirbelsäule stark erhöht. Auch bei einer Osteoporose (Knochenschwund) besteht eine erhöhte Gefahr für Knochenbrüche. Betroffene Personen sollten deswegen nur risikoarme Aktivitäten pflegen, insbesondere sollte sie auf Kontaktsportarten (z. B. Fussball) verzichten.
Begünstigung von Arthrosen
Falls keine Gelenkentzündungen bestehen, ist für die Mehrheit der Sporttreibenden das Risiko für Abnützungen in den Gelenken nicht erhöht. Probleme mit den tragenden Gelenken können sich ergeben, wenn Personen über lange Jahre sehr intensiv Sport treiben. Wenn Gelenke entzündet sind, kann eine Überlastung den Entzündungsprozess fördern und die Entstehung einer Arthrose begünstigen.
Risiko Herzinfarkt
Das Herzinfarktrisiko ist nach schwerer körperlicher Aktivität kurzzeitig erhöht. Untrainierte Personen sollten deshalb intensive Belastungen vermeiden. Für Personen, die sich regelmässig mit tiefer oder mittlerer Intensität bewegen, ist das Infarktrisiko sehr klein. Grundsätzlich gilt: Wer die körperliche Aktivität dem Fitnesszustand anpasst, hat keine erhöhten Gesundheitsrisiken.
Luftverschmutzung und Lunge
Die Feinstaubbelastungen im Winter und die Ozonbelastung im Sommer sind an vielen Tagen so hoch, dass sie eine gesundheitliche Belastung darstellen. Für empfindliche Personen mit chronischen Atemwegserkrankungen ist es sinnvoll, während der Zeiten mit der höchsten Belastung grosse Anstrengungen im Freien zu vermeiden und wenn möglich auf Indoor-Aktivitäten auszuweichen.
Diese Risiken gilt es, im Auge zu behalten. Dennoch steht fest, dass die Risiken körperlicher Aktivitäten deutlicher geringer sind als die möglichen Folgen mangelnder Bewegung.
Überarbeitete und gekürzte Version eines Artikels aus der Zeitschrift «vertical» Nr. 33.