Den Fahrtwind im Gesicht spüren, die frische Morgenluft einatmen – sportliche Betätigung im Freien ist für viele Menschen ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Alltags. Zumal wir immer mehr Zeit in geschlossenen Räumen verbringen. Dies vielleicht auch wegen des hiesigen Klimas. Doch es gibt ja auch den Spruch: «Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleider.»
Im Frühling wagen wir uns eher wieder vor die Türe und drehen unsere Runden mit den Nordic-Walking-Stöcken oder im Velosattel. Für viele Bechterew-Betroffene sind diese sportlichen Aktivitäten nicht nur ein grosses Vergnügen, sondern auch wichtig im Umgang mit den Schmerzen und den Beweglichkeitseinschränkungen. Längst sind wir in der Schweiz von einem Fitness-Boom überrollt worden. Doch häufig findet die sportliche Betätigung in geschlossenen Räumen, zum Beispiel in einem Fitnessstudio, statt.
Sportliche Betätigung an der frischen Luft hat eine doppelte Wirkungskraft. Sie ist in vielerlei Hinsicht gesund und könnte auch beim Umgang mit dem Morbus Bechterew von Nutzen sein. Dies kommt nicht von ungefähr, waren unsere Vorfahren doch über Jahrtausende auf das Leben im Freien eingestellt. Beim Jagen und Sammeln, und eigentlich bei fast allen Tätigkeiten.
Draussen währt am längsten
Eine Studie aus England konnte nachweisen, dass die Glücksgefühle nach einer körperlichen Aktivität draussen deutlich grösser waren als nach der gleichen Aktivität in einem geschlossenen Raum. Auch waren Angstgefühle oder Depressivität weniger ausgeprägt. Die Wissenschaftlerin Jo Thompson Coon von der Exeter University in England, welche die Studie leitete, folgerte daraus, dass die Menschen, die sich regelmässig an der frischen Luft betätigten, eher motiviert sind, an einem Trainingsplan festzuhalten – weil sie mit dem Training positive Gefühle im Sinne eines «Naturerlebnisses» verknüpften. Im Gegensatz dazu hätten rund 40 bis 50% der Personen, die in einem Fitnessstudio trainierten, das Training innerhalb des ersten Jahres wieder abgebrochen.
Waldluft ist gut fürs Immunsystem
Besonders gesund ist allem Anschein nach die Bewegung im Wald. Auch in Japan ist man sich dieser stärkenden Wirkung der Waldluft bewusst. Dort gibt es die alte Tradition der «Shirinyoku», des so genannten Waldbadens. Grundsätzlich handelt es sich dabei um Waldspaziergänge oder längere Aufenthalte in einer Umgebung mit viel Wald. Eine Studie, welche die Wirkung des Waldbadens untersuchte, kam zum Schluss, dass die so genannten Phytonzyde (ätherische Öle) in der Waldluft das Immunsystem stärken.
Gerade bei der Diagnose Morbus Bechterew ist ein stabiles Immunsystem besonders wichtig. Denn verschiedene Medikamente, die zur Behandlung der Krankheit eingesetzt werden, zum Beispiel die TNF-Alpha-Hemmer, bergen ein erhöhtes Infektionsrisiko in sich. Deshalb müssen Personen, die in einer TNF-Therapie sind, besonders auf ein starkes Immunsystem achten und bei Infektionen besonders vorsichtig sein. Deshalb ist es sicher kein schlechter Rat für Betroffene, wenn sie bei ihrem Bewegungsprogramm nicht nur auf die Bewegungsabläufe achten, sondern auch auf die Umgebung und die Möglichkeit, in der frischen Waldluft möglichst oft tief durchzuatmen. Auch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) empfiehlt übrigens regelmässige, ausgedehnte Waldspaziergänge zur Gesundheitsvorsorge.
Ähnlich einem «Vita-Parcours», wie sie in der ganzen Schweiz in Wäldern und Naherholungsgebieten zu finden sind, wäre es denkbar, dass Bechterew-Betroffene einen Teil ihres Übungsprogramms mit einem Spaziergang im Wald kombinieren.
Wir stellen in der Folge Möglichkeiten vor, die zwei Aspekte miteinander kombinieren: ein Training in der Natur und Betätigungen, die für Bechterew-Betroffene besonders geeignet sind. Vielleicht denken Sie bei Ihrem nächsten Spaziergang im Wald oder einer Velotour daran: Bewegung in der Natur tut gut, und das ist nun auch wissenschaftlich bestätigt. Spüren Sie die wohltuende Kraft der Natur!
Wandern, laufen und spazieren
Die Deutsche Sporthochschule Köln konnte in einer Untersuchung nachweisen, dass nur 3000 Schritte pro Tag reichen, um den Cholesterinspiegel zu senken und damit das Risiko für Arterienverkalkung – und damit Herzinfarkt oder Schlaganfall – deutlich zu reduzieren. Eine koreanische Studie konnte zudem zeigen, dass der Effekt bei Waldspaziergängen noch deutlich grösser ist.
Ob man für den Ausflug in den Wald lieber die Jogging- oder die Wanderschuhe anzieht, hängt von den persönlichen Vorlieben und Einschränkungen ab. Obschon es in den letzten Jahren einen regelrechten Jogging-Boom gegeben hat, gibt es kritische Stimmen, die sagen, dass das Joggen durch das harte Aufsetzen auf den Boden schädlich für die häufig entzündeten Iliosakralgelenke sei. Auch wurde schon nachgewiesen, dass beim Jogging nicht wesentlich mehr Kalorien verbraucht würden, als wenn die gleiche Person die gleiche Strecke in zügigem Tempo gehen würde.
Nordic Walking
Die Sportart ist im Prinzip eine Kombination von Jogging und Spazieren. Durch den Einsatz von Teleskopstöcken – ähnlich wie beim Wandern – werden aber nicht nur die Gelenke geschont, sondern der Körper wird auch ganzheitlicher trainiert verglichen mit einem normalen Lauftraining. Der gesamte Muskelapparat wird bei richtiger Ausübung beansprucht. Die Stöcke «zwingen» uns, den Körper so weit wie möglich zu strecken: gerade für Bechterew-Betroffene ein wertvoller Nebeneffekt. Diese Streckung wirkt sich auch positiv auf allfällige Einschränkungen der Atemkapazität aus. Mit jedem Schritt und der Unterstützung der Teleskopstöcke können Bechterew-Betroffene etwas «aufatmen» und mittel- bis langfristig ihre Atemkapazität erhöhen.
Nordic Walking kann – abgesehen von starken Schüben – in jedem Stadium der Erkrankung gut ausgeübt werden. Mal langsam, mal etwas schneller. Der grosse Vorteil des Nordic Walking gegenüber herkömmlichem Laufen ist, dass die Hüftrotation beim Nordic Walking deutlich ausgeprägter ist.
Auf zwei Rädern
Velofahren – sei dies mit einem Rennvelo oder Mountainbike – erfreut sich bei Bechterew-Betroffenen grosser Beliebtheit. Je nach Bewegungseinschränkungen oder anderen Beschwerden können mehr oder weniger grosse Ausfahrten oder Touren unternommen werden. Während einige SVMB-Mitglieder mal eben an einem Sonntag über Alpenpässe fahren, wollen es andere vielleicht etwas gemütlicher angehen und unterwegs auch noch ein Picknick oder ein sommerliches Bad im See geniessen.
Besonders wichtig beim Fahrradfahren sind die richtige Ausrüstung und die richtigen Einstellungen, zum Beispiel des Lenkers oder der Sattelhöhe.