R. C. ANSELL, T. SHUTO, N. BUSQUETS-PEREZ, E.M.A. HENSOR, H. MARZO-ORTEGA, D. McGONAGLE
Auch wenn der Morbus Bechterew zur Gruppe der Autoimmunkrankheiten zählt, welche durch genetische Faktoren beeinflusst und ausgelöst werden, scheinen auch äussere Faktoren eine Rolle beim Auslösen des Morbus Bechterew zu spielen. So gab es schon in den 1950er-Jahren eine Theorie über die biomechanischen Einflüsse auf die Entstehung einer Enthesitis (entzündeter Sehnenansatz am Knochen). Die Enthesitis spielt auch beim Morbus Bechterew eine wichtige Rolle und taucht oft im frühesten Stadium der Krankheit auf, noch bevor der tiefsitzende entzündliche Rückenschmerz einsetzt. Britische Forscher gingen nun der Frage nach, inwiefern eine solche Enthesitis und damit auch das frühe Krankheitsstadium des Morbus Bechterew durch äussere Faktoren wie Überbelastungen ausgelöst werden können.
Die Forscher nutzten dazu vor allem die subjektive Wahrnehmung der Patienten. Für die Studie befragten sie rund 3‘000 Mitglieder der britischen Bechterew-Vereinigung «National Ankylosing Spondylitis Society» (NASS), von denen 1‘026 Mitglieder die anonymen Online-Fragebogen beantworteten. Gut 63 % der Studienteilnehmer waren männlich und knapp 60 % waren HLA-B27-positiv, während knapp 9 % negativ waren. Bei den restlichen Studienteilnehmern war der HLA-B27-Status unbekannt. Das Alter bei der Diagnosestellung variierte zwischen 26 und 30 Jahren.
These teilweise bestätigt
Die These, dass es einen Zusammenhang zwischen äusseren Faktoren und den ersten Anzeichen des Morbus Bechterew gibt, wurde durch die Befragung teilweise bestätigt. 44 % der Befragten gaben an, dass sie sich an einen Unfall oder ein körperliches Trauma als möglichen Trigger für ihre Krankheit erinnerten. Über 50 % dieser Personen erwähnten zudem, dass dieses Trauma wenige Tage, Wochen oder Monate vor der Diagnose Morbus Bechterew auftrat.
Die Fragen in dieser Studie erkundigten sich weiter danach, wie sich äussere Belastungen im späteren Krankheitsverlauf auf die Krankheitsaktivität auswirken. Zu diesen Belastungen zählen die Autoren Gelenkbelastungen durch die Arbeit, selbständige oder angeleitete Bewegungsübungen oder Physiotherapie. Die Autoren wollten wissen, ob die Bewegung oder Physiotherapie auch zu einer paradoxen Verschlechterung der Krankheit führen kann, obwohl diese im Allgemeinen positive Auswirkungen beim Morbus Bechterew hat und als zentraler Pfeiler der Therapie gilt. Oft wissen die Betroffenen selber recht gut, wodurch die Symptome im Krankheitsverlauf eher verstärkt werden.
Anpassungen nötig
Über 61 % der Befragten gaben an, dass sie einen hohen oder sehr hohen Level an sportlichen Aktivitäten hätten. Dennoch musste ein Grossteil aufgrund der Diagnose die sportlichen Aktivitäten stark umstellen. Gut ein Viertel sagte aus, dass die Übungen, welche ihnen für den Morbus Bechterew empfohlen wurden, zu einer Verstärkung der Symptome führten. 32 % mussten die Übungen anpassen und 58 % konnten die Übungen unverändert weiterführen.
Die Studie zeigt deutlich, dass Symptome, welche einer Enthesitis ähnlich sind, nicht unüblich sind bei Patienten, die in der Folge einen Morbus Bechterew entwickeln, und diese Symptome können dem Auftreten der chronischen Rückenschmerzen mehrere Jahre vorausgehen. Gelenkverletzungen, sportliche Aktivitäten und/oder Physiotherapie standen bei einem substantiellen Teil der Befragten nachweislich in Verbindung mit dem Auftreten oder der Verschlechterung der Krankheitssymptome.
Da die Bewegung ein zentrales Element im Umgang mit dem Morbus Bechterew bleibt, folgern die Autoren aus den Ergebnissen auf die Wichtigkeit eines angepassten Trainings in der richtigen Umgebung. Auch wäre es aus ihrer Sicht sinnvoll, die Rolle der Enthesitis im Frühstadium des Morbus Bechterew in einer Langzeitstudie zu untersuchen.