Unsere Organe und Körperzellen brauchen für den Stoffaustausch ein Transportsystem. Diese Aufgabe übernimmt der Blutkreislauf. Angetrieben vom zentralen Pumpwerk, dem Herzen, fliesst das Blut in den Blutgefässen (Arterien) zu den einzelnen Teilen des Körpers, verteilt die notwendigen Stoffe und entfernt Abfälle. Das Herz bewerkstelligt das Fliessen des Blutes in die gewünschte Richtung durch ein regelmässiges Zusammenziehen (Kontraktion) des speziell aufgebauten Herzmuskels. Es muss den notwendigen Druck aufbringen, damit das Blut auch die hoch liegenden Körperteile erreicht. Und das zum Herzen zurückfliessende Blut (Venen) darf sich nicht stauen. Das Herz soll weder zu schnell schlagen noch einen zu hohen Druck erzeugen.
Aufbau des Herzens
Das Herz wiegt etwa 300 Gramm und hat ungefähr die Grösse einer Faust. Es liegt hinter dem Brustbein in der Brusthöhle, etwas links von der Mittellinie. Umgeben wird es rechts und links von den Lungen, dahinter befinden sich die Luft- und Speiseröhre sowie die grossen Blutgefässe, das heisst Hauptschlagader und Hohlvene.
Das Herz ist ein Hohlorgan, dessen Wände nur aus Muskeln bestehen. Diese speziellen Muskeln kontrahieren sich ohne unseren Willen regelmässig und andauernd. Trotz pausenloser Arbeit darf dieser Muskel nicht ermüden. Man muss sich vergegenwärtigen, dass pro Herzschlag 60 bis 80 Milliliter Blut befördert werden, das heisst bei einer Herzfrequenz von 60 Schlägen circa vier Liter in der Minute oder 60 000 Liter im Tag!
Das Herz besteht aus zwei voneinander getrennten Teilen, dem rechten Herzen, von wo aus das sauerstoffarme Blut in die Lungen strömt, und dem linken Herzen, das sauerstoffreiches Blut in den ganzen Organismus pumpt. Die beiden Herzhälften sind je unterteilt in Vorhof und Kammer. Zwischen den Vorhöfen und den Kammern sowie den Kammern und den Arterien sorgen Klappen ähnlich wie Ventile dafür, dass das Blut nicht zurückfliessen kann. Ein spezielles Erregungsbildungs- und Leitungssystem ermöglicht das regelmässige Zusammenziehen und die Erschlaffung des Herzens.
Herzbefall durch den Morbus Bechterew
Typisch entzündlich-rheumatische Veränderungen können beim Morbus Bechterew auch das Herz betreffen. Die Entzündung kann sowohl die Klappen, als auch den Herzmuskel inklusive Reizleitungssystem angreifen und schädigen. Die Ablagerungen von Bindegewebe an den Klappen können zu einer undichten Ventilfunktion führen. Die Entzündung am Herzmuskel kann das Reizleitungssystem beeinträchtigen oder durch Vernarbung die Kraft des Herzens schwächen.
Herzklappenstörungen
Sowohl im linken als auch im rechten Herzen können die Klappen zwischen Vorhof und Kammer und zwischen Kammer und Arterien verengt oder undicht sein. Bei Morbus Bechterew handelt es sich in der Regel um eine Klappenundichtigkeit (Aorten- oder Mitralinsuffizienz), wobei ein Teil des Blutes gegen die Stromrichtung zurückfliesst. Je nach Ort der Klappenveränderung können verschiedene Beschwerden auftreten. Beim akuten Auftreten einer Herzschwäche beklagen sich die Betroffenen vor allem über Luftnot. Das Abhören des Herzens und der Lungen und vor allem der Herzultraschall (Echokardiogramm) lassen die richtige Diagnose stellen.
Mehr zu den Krankheiten der Aortenklappe bei Morbus-Bechterew-Betroffenen erfahren Sie hier: www.bechterew.ch/forschung/wenn-bei-bechterew-patienten-die-aortenklappe-versagt
Herzrhythmusstörungen
Die normale Herzschlagfolge (Herzfrequenz), die der Pulsfrequenz entspricht, liegt zwischen 60 und 80 in der Minute. Bei körperlich Trainierten kann diese Frequenz tiefer, bei nervösen und untrainierten Menschen höher sein. Meist schlägt das Herz ganz regelmässig und die Person spürt eigentlich von dieser Aktion nichts.
Krankhafte Abweichungen von der regelmässigen Herzschlagfolge durch eine Störung des Reizleitungssystems bezeichnet man als Herzrhythmusstörungen. Das Herz schlägt dann zu langsam, zu schnell oder unregelmässig. Es kann auch die Erregungsüberleitung vom Vorhof zu den Kammern verzögert oder unterbrochen sein. Die Diagnose stellt der Arzt mit Hilfe des Ruhe-EKGs oder des Langzeit-24-Stunden-EKGs.
Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung und kann zu Schlaganfällen und plötzlichem Herztod führen. Gemäss einer Studie von 2021 ist das Risiko für Vorhofflimmern von Personen mit Morbus Bechterew oder einer anderen entzündlichen-rheumatischen Erkrankung fast eineinhalbmal erhöht. Lesen Sie mehr dazu hier: www.bechterew.ch/forschung/spondyloarthritis-bringt-das-herz-aus-dem-takt
Herzmuskelerkrankungen
Falls der Herzmuskel von der Entzündung und Vernarbung angegriffen wird, vermindert sich die Auswurfleistung der Kammern (Kardiomyopathien). Die Pumpleistung des Herzens nimmt ab, was bei der betroffenen Person zu typischen Herzinsuffizienzbeschwerden führt. Der Arzt kann diese Krankheit bei der Ultraschalluntersuchung erkennen.
Vorsorge
Das Risiko einer von Morbus Bechterew oder einer anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankung betroffenen Person, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden, ist erhöht. Deshalb sollte die Vorsorge nicht vernachlässigt werden. So empfiehlt die europäische Rheumaliga EULAR den Betroffenen mindestens alle fünf Jahre eine Herz-Vorsorgeuntersuchung.
Neben der medikamentösen Behandlung ist für die Vorsorge auch ein gesunder Lebensstil von grosser Bedeutung: Dazu gehören eine gesunde Ernährung, der Verzicht auf das Rauchen und die regelmässige Bewegung.
Dieser überarbeitete und ergänzte Beitrag basiert auf einem Artikel aus der Zeitschrift «vertical» Nr. 15.